Seit 2001 geht das Meinungsforschungsinstitut Gallup einmal im Jahr der Frage nach, wie Arbeitnehmer in Deutschland zu ihren Arbeitgebern stehen. Erst vor kurzem erschien nun die neuste Ausgabe dieser Studie. Und vom Mittelständler bis zum Global Player beschäftigt der Engagement Index Deutschland 2024 [1] seitdem die Personalabteilungen zahlreicher Unternehmen – denn die Ergebnisse dieser Erhebung legen die Vermutung nahe, dass die emotionale Mitarbeiterbindung in Deutschland einen historischen Tiefpunkt erreicht hat.
Was das konkret bedeutet? Wir zeigen es Ihnen. Die Personalexperten von SEMINAR-INSTITUT haben sich die Ergebnisse des Engagement Index Deutschland 2024 für Sie genauer angeschaut. In diesem Beitrag erfahren Sie zum einen, wie sich die emotionale Mitarbeiterbindung in Deutschland in den vergangenen zwanzig Jahren entwickelt hat. Zum anderen zeigen wir Ihnen, weshalb nicht nur die Personalentwicklung das Engagement und die Begeisterung der Mitarbeiter für ihr Unternehmen als Ressource nutzen kann und sollte.
Emotionale Mitarbeiterbindung: Eine Arbeitsdefinition
Grob vereinfacht bezeichnet Mitarbeiterbindung das Gefühl der Verbundenheit, das Mitarbeiter gegenüber dem Unternehmen, für das sie arbeiten, verspüren. Diese Verbundenheit kann ganz unterschiedliche Ursachen haben, die jeder Mitarbeiter individuell gewichtet. Sind für den einen die langfristigen Karrierechancen und ein faires Gehalt schlagende Argumente, überzeugen den anderen eher die Werte, die ein Unternehmen vertritt.
Im Kontext des Engagement Index Deutschland 2024 ist allerdings nicht von Mitarbeiterbindung im Allgemeinen die Rede, sondern von der emotionalen Mitarbeiterbindung. Diese definiert das Gallup-Team als „die Bereitschaft und Begeisterung, die Mitarbeitende bei der Arbeit und an ihrem Arbeitsplatz zeigen“,[2] d.h. als spezifische Manifestation der Mitarbeiterbindung, die stark an das sogenannte Employee Engagement erinnert. Alle Studienergebnisse zum Thema Mitarbeiterbindung, die wir im Folgenden diskutieren wollen, basieren daher auf der Frage, wie sehr sich die befragten Arbeitnehmer für ihr Unternehmen begeistern und engagieren können – und wollen.
Drei Wirkungsdimensionen der emotionalen Mitarbeiterbindung im Arbeitsalltag
Zugegeben, wenn es um die emotionale Bindung an den Arbeitgeber geht, halten sich die Mitarbeiter deutscher Unternehmen schon seit zwei Jahrzehnten eher bedeckt. Seit Veröffentlichung des ersten Engagement Index für das Jahr 2001 machten Fach- und Führungskräfte, die eine eher geringe emotionale Mitarbeiterbindung angaben, das Gros der Befragten aus. Gleichzeitig bewegte sich aber auch die Zahl derjenigen, die ihre Bindung als stark beschreiben würden, seit Beginn der Erhebungen immer im zweistelligen Bereich. Seinen Höchststand erreichte dieser Wert übrigens ausgerechnet während der COVID-19-Pandemie: 2020 und 2021 lag er bei 17 Prozent.
Seitdem scheint sich die emotionale Mitarbeiterbindung in deutschen Unternehmen jedoch drastisch verschlechtert zu haben. Bereits 2022 berichteten nur noch 13 Prozent von einer starken emotionalen Bindung. 2024 fiel der Wert nun auf ein historisches Tief: Nur noch 9 Prozent der Befragten spüren derzeit eine starke emotionale Bindung an ihren Arbeitgeber.
Ein Grund zur Panik ist dieses Ergebnis nicht. Die Zahl derjenigen, die keine emotionale Mitarbeiterbindung angaben, ist schließlich nicht gewachsen, sondern ebenfalls deutlich gefallen – von 19 Prozent im Jahr 2023 auf 13 Prozent für das Jahr 2024. Die Mehrheit der Arbeitnehmer in Deutschland verortet sich aktuell im Mittelfeld: Insgesamt 78 Prozent würden ihre emotionale Mitarbeiterbindung als gering bezeichnen. Das bedeutet allerdings auch, dass die meisten Unternehmen das Potenzial, das mit Begeisterung und Engagement seitens der Mitarbeiter einhergeht, kaum ausschöpfen können.
Vorteil #1: Starke Mitarbeiterbindung beugt Fluktuation im Team vor
Der wohl bekannteste Vorteil starker Mitarbeiterbindung besteht darin, dass sie die langfristige Personalplanung im Unternehmen erleichtert. Wer positive Assoziationen mit seinem Arbeitgeber verbindet, sich mit den Werten und der Kultur eines Unternehmens identifiziert und sich idealerweise auch als Teil eines starken Teams sozial eingebunden fühlt, hat gleich mehrere gute Gründe, diesem Arbeitgeber treu zu bleiben. Je stärker die emotionale Bindung der Fach- und Führungskräfte an ihr Unternehmen, desto geringer fällt daher typischerweise auch ihre Wechselbereitschaft aus.
Vor dem Hintergrund des Engagement Index Deutschland 2024 ist es dann aber auch nicht besonders verwunderlich, dass die Wechselbereitschaft der Fach- und Führungskräfte in deutschen Unternehmen gerade ausgesprochen hoch zu sein scheint. Im Rahmen der Gallup-Studie gaben nur 50 Prozent der Befragten an, dass sie vorhaben, in einem Jahr noch für dasselbe Unternehmen tätig zu sein. Das bedeutet, dass jeder zweite Arbeitnehmer innerhalb der kommenden Monate bereit für einen Jobwechsel wäre. In drei Jahren sehen sich sogar nur noch 34 Prozent der Befragten beim selben Arbeitgeber wie heute.
Vorteil #2: Begeisterte Mitarbeiter sind produktiver und kreativer
Wer Freude an seiner Arbeit hat und seine Aufgaben mit einem gewissen Elan ausübt, erzielt nicht nur bessere Ergebnisse, sondern neigt auch weniger dazu, wichtige Details – etwa im Bereich der Arbeitssicherheit – zu übersehen. Wie drastisch sich die emotionale Mitarbeiterbindung auf die Produktivität der Belegschaft auswirken kann, zeigt eine vom Team der Gallup-Studie durchgeführte Meta-Analyse. Hierfür wurden die „oberen 25 Prozent“ der Befragten mit hoher emotionaler Bindung direkt mit denjenigen verglichen, die eine besonders niedrige emotionale Mitarbeiterbindung angegeben hatten, also mit den „unteren 25 Prozent“.
Zum einen scheint sich die Mitarbeiterbindung ausgesprochen positiv auf die Abläufe im Team auszuwirken. Mitarbeiter, die eine starke emotionale Bindung an ihr Unternehmen spüren, kommen auf 78 Prozent weniger Fehlzeiten und sind auch 63 Prozent seltener in Arbeitsunfälle verwickelt als diejenigen Arbeitnehmer, die kaum oder keine emotionale Mitarbeiterbindung spüren. Zum anderen steigt mit der emotionalen Mitarbeiterbindung auch die Produktivität deutlich. In der Gallup-Studie lagen die Produktionskennzahlen der Mitarbeiter mit hoher emotionaler Bindung 17 Prozent und die Vertriebskennzahlen sogar 18 Prozent über denen derjenigen Befragten, die sich ihrem Unternehmen kaum oder nicht verbunden fühlen.
Vorteil #3: Emotionale Mitarbeiterbindung unterstützt das Marketing
Marketing-Experten wissen: Aufrichtige Begeisterung wirkt ansteckend. Und wer könnte eine ehrlichere Meinung über ein Produkt abgeben als die Mitarbeiter, die genau wissen, was dieses Produkt kann und wie es hergestellt wird? Ob diese Meinung überzeugend oder abschreckend wirkt, scheint jedoch auch stark von der emotionalen Mitarbeiterbindung abzuhängen. Der Engagement Index Deutschland 2024 zeigt deutlich, dass Arbeitnehmer mit einer starken emotionalen Bindung eher geneigt sind, eine positive Empfehlung abzugeben.
Rund 60 Prozent derjenigen Arbeitnehmer, die eine starke emotionale Mitarbeiterbindung aufweisen, würden das Angebot ihres Unternehmens auch Freunden und Familie empfehlen. Nur zum Vergleich: In der Gruppe derjenigen, die angaben, keine emotionale Mitarbeiterbindung zu spüren, würden das nur 10 Prozent tun. Noch stärker ausgeprägt ist der Unterschied übrigens im Bereich Recruiting. Während 60 Prozent der Arbeitnehmer, die sich für ihr Unternehmen begeistern, dieses auch Freunden und Verwandten als hervorragenden Arbeitgeber empfehlen würden, würden in der Gruppe der Mitarbeiter ohne emotionale Bindung nur 5 Prozent ein so starkes Testimonial zugunsten ihres Unternehmens abgeben.
So stärken Sie die emotionale Mitarbeiterbindung!
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[1] Gallup Inc. (2025). Gallup Engagement Index Deutschland 2024. Abgerufen am 16.03.2025 unter https://www.gallup.com/de/472028/bericht-zum-engagement-index-deutschland.aspx
[2] Nink, M. (o.D.). Emotionale Mitarbeiterbindung: Impulse für die deutsche Wirtschaft.Abgerufen am 16.03.2025 unter https://www.gallup.com/de/470642/emotionale-mitarbeiterbindung-impulse-deutsche-wirtschaft.aspx